Erklärung der Bundeselternkonferenz im Bund der Freien Waldorfschulen zur Corona-Krise
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Erklärung der Bundeselternkonferenz im Bund der Freien Waldorfschulen zur Corona-Krise
Mit Sorge betrachten wir die derzeitige Situation in den Schulen und Familien. Die außerordentlicheBelastung der Familien und die auf reine Wissensvermittlung und Krisenorganisation reduzierteLehrtätigkeit an vielen Schulen erfordert ein sensibles und zuverlässiges Vorgehen in den Planungenfür die kommenden Monate.
Uns ist bewusst, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie großen dynamischenSchwankungen unterliegen, die eine längerfristige Planbarkeit des Unterrichts für die Schulen inDeutschland erschweren. Dabei müssen oder sollen die Kollegien und Krisenstäbe an den Schulenjeden Tag neue Wunder vollbringen und gehen mittlerweile oft über die Grenze der Belastbarkeithinaus. Die Kombination von Präsenz- und Fernunterricht erlegt den Lehrkräften zusätzlicheArbeitsstunden auf, die in vielen Fällen noch durch vermehrte Konferenz- und Krisenstabarbeitergänzt werden. Gleichzeitig müssen die Waldorfschulen zu einem großen Teil auf den so wichtigenBereich im Musisch-Künstlerischen entweder ganz verzichten oder die Unterrichtsinhalte soverbiegen, dass sie den einzuhaltenden Vorgaben entsprechen können.
An dieser Stelle möchte sich die Bundeselternkonferenz ausdrücklich bei allen Lehrkräften undMitarbeiter*innen an den Waldorfschulen bedanken, die täglich versuchen, den Schülerinnen undSchülern ein Stück Normalität und Stabilität im Schulleben zu geben und einen ganzheitlichangelegten Unterricht nicht aus dem Bewusstsein verlieren, wenngleich Abstandsregelungen derzeiteine entsprechende Umsetzung nahezu unmöglich machen.
Was für die Schülerinnen und Schüler anfangs noch neu und vielleicht auch ein bisschen spannendwar, gerät nun, zum Ende des Schuljahres, in eine Stimmung, die es, gerade in Bezug auf die jüngerenSchüler*innen, den Lehrkräften immer schwerer macht, den Kontakt zu halten und nicht entgleitenzu lassen. Präsenzunterricht, der nur ein- oder zweimal in der Woche stattfindet, kann nicht dietägliche Begegnung ersetzen und für einen eigentlich im Waldorflehrplan vorgesehenen Tag/Nacht-Rhythmus keine Grundlage sein.Die Eltern, gerade der jüngeren Kinder, sind ebenfalls an ihre Grenzen gekommen, Homeschooling,24-Stunden-Betreuung und die eigene Berufstätigkeit unter einem Hut zu halten. Die Erschöpfungäußert sich mittlerweile nicht selten in Unmutsbezeugungen gegenüber der Handhabung in denSchulen und in den Regierungen oder in Resignation.
Ein bundeseinheitliches Maßnahmenbild ist nicht zu erkennen. Wo in dem einen BundeslandAbstandsregelungen aufgehoben werden, werden sie anderswo zur Farce, wenn gleichzeitig derBesuch von Schwimmbädern oder anderen Gemeinschaftseinrichtungen, sowie Spiel und Sportwieder gestattet werden und die Schüler*innen in vollen Bussen und Bahnen zur Schule kommenmüssen. Die in den Regionen unterschiedlich erlassenen Maßnahmen verstärken darüber hinaus das
Ungleichgewicht der Bildungsmöglichkeiten unserer Kinder.Davon abgesehen, weiß niemand, welche Folgen die letzten Monate für die seelische Entwicklungder Kinder und Jugendlichen haben werden. Selbst ein Präsenzunterricht in der Schule kann in dieserZeit kaum ein „normaler Unterricht nach Plan“ sein, wenn die Kinder da abgeholt werden sollen, wosie sind: Mit ihren Ängsten, ihrem Redebedürfnis oder Bewegungsdrang und vor allem in denfehlenden Sozialkontakten mit den Mitschüler*innen.Derzeit kann es noch keine Rückkehr zur Normalität geben und wir werden uns wohl alle auf weiterbestehende Einschränkungen einstellen müssen. Was die Schulgemeinschaften jetzt brauchen isteine zuverlässige und nachvollziehbare Planbarkeit für die Zeit nach den Sommerferien undKreativität in der Umsetzung neuer Prozesse. Vor allem müssen Pädagog*innen und Eltern auf allenEbenen in die Entscheidungsprozesse mit eingebunden werden. Wie sehen hier auch eine Chance,aus der Krise heraus gemeinsam mutige Wege zu finden und damit die Schulgemeinschaften zustärken.
Berlin/Kisdorf, 09.06.2020
Kontakt: anke.pasternak@bundeselternkonferenz.org